Luc Kordas: “New York Unseen”

© Luc Kordas

Luc Kordas zeigt in "Unseen New York" eine stimmungsvolle Fotosammlung, die den authentischen Charakter der Metropole einfängt. Abseits der ausgetretenen Touristenpfade und der gängigen Klischees. Ein erfrischend unverfälschter Blick auf die Menschen, die Straßen und die Architektur dieser Weltstadt.

Luc Kordas stammt aus Polen und lebt seit vielen Jahren in New York. Seine Arbeiten zelebrieren zeitlose, alltägliche Momente. Er arbeitet sowohl in Farbe als auch in Schwarzweiß, wobei er für seine Dokumentationen und Straßenfotografien häufig Schwarzweiß wählt, da er die Monochromie für ein wirkungsvolleres Ausdrucksmittel hält.

Als leidenschaftlicher Reisender, der ständig auf Achse ist, liebt er es, seine bevorzugten fotografischen Genres zu kombinieren und sich frei zwischen Dokumentar-, Porträt-, Reise- und Straßenfotografie zu bewegen.

The city fascinates me one day and makes me think of leaving the other.
— Luc Kordas

Kordas hat ein zwiespältiges Verhältnis zu New York. Er ist hin- und hergerissen zwischen Faszination und Ablehnung. An einem Tag fasziniert ihn die Stadt, am nächsten will er sie wieder verlassen: „The city fascinates me one day and makes me think of leaving the other.“ Diese ambivalenten Gefühle spiegeln sich in seiner Arbeit wider, insbesondere in Projekten wie „Loneliness“, in dem er die Einsamkeit in einer Stadt mit über acht Millionen Einwohnern einfängt.

Viele dieser Bilder sind auch in “Unseen New York”* (teNeues) zu sehen.

Ein Outsider, der zum Chronisten wird

Im Vorwort von "Unseen New York" wird deutlich, wie Kordas als Fotograf agiert:

“Given that Kordas is not a New Yorker, and indeed given his mixed feelings regarding the city with which he was once infatuated, he might seem a strange candidate to be its photographic chronicler. But in fact it’s exactly his outsider’s view, the slightly jaundiced edge to his gaze, that makes his visions of New York so compelling.”

Diese Außenseiterperspektive, gepaart mit einer leichten Skepsis gegenüber der Stadt, verleiht seinen Fotografien eine besondere Tiefe und Authentizität. Gerade dieser fremde Blick macht Kordas’ Visionen von New York so faszinierend.

Die Essenz von New York einfangen

In "Unseen New York" stehen die Menschen im Mittelpunkt, eingebettet in ihren "natürlichen Lebensraum". Die meist schwarz-weißen Fotografien erzählen Geschichten von Menschen in den Straßen, Hinterhöfen, Wohnungen oder Zügen der Stadt. Diese Bilder sagen oft mehr über das Wesen New Yorks aus, als es das tausendste Foto vom Empire State Building je könnte.

Durch Kordas’ Linse entsteht ein fotografisches Sammelsurium von Blicken, Gesten und Situationen, das die wahre Seele New Yorks einfängt. So wird die Stadt von ihren Rändern und gleichzeitig von ihrem Innersten aus betrachtet - ein nie gesehener Blick auf die wohl meistfotografierte Stadt der Welt.

Einblicke in das verborgene New York

Kordas' Bilder laden den Betrachter ein, die versteckten Ecken und alltäglichen Momente zu entdecken, die New York zu dem machen, was es ist. Es sind die kleinen, oft übersehenen Details – das Lächeln eines Straßenkünstlers, die Konzentration eines Schachspielers im Park, das geschäftige Treiben an einer Straßenecke –, die in "Unseen New York" zum Leben erwachen und die Vielfalt und Lebendigkeit der Stadt in den Vordergrund rücken.

Luc Kordas zeigt uns ein New York, dessen wahre Schönheit in seiner Alltäglichkeit und Unvollkommenheit liegt. Indem er die bekannten Sehenswürdigkeiten beiseite lässt, schafft er Platz für die unzähligen, oft unbeachteten Momente und Gesichter, die das Herz und die Seele der Stadt ausmachen.

„Loneliness in New York“: Ein weiterer Blickwinkel

In einem weiteren bemerkenswerten Projekt mit dem Titel „Loneliness“ untersuchte Kordas die Einsamkeit inmitten der Menschenmassen der Stadt. Dieses Projekt begann ohne ein klares Konzept; erst als ein anderer Fotograf seine Bilder sichtete, bemerkte er das wiederkehrende Thema der Einsamkeit. Kordas ging daraufhin sein Archiv durch und fand zahlreiche Bilder, die die Einsamkeit in einer Großstadt wie New York auf unterschiedliche Weise darstellen.

In einem Interview mit PetaPixel sagte Luc: "Ironischerweise ist es trotz der Dichte von New York nicht schwer, sich einsam zu fühlen.”

So many people are focused on money and careers, that’s why they come here. There’s little time left for relationships or hanging out.
— Luc Kordas

Diese Beobachtungen spiegeln sich in seinen Fotografien wider, die das scheinbare Paradox von Einsamkeit und Unverbundenheit in einer pulsierenden Metropole brillant darstellen.

Eine visuelle Erzählung der Stadt

"Unseen New York" ist mehr als ein Bildband, es ist eine visuelle Erzählung, die den Betrachter einlädt, die Stadt aus einer neuen Perspektive zu sehen und die Geschichten ihrer Bewohner zu erleben. Durch Kordas' Linse wird New York zu einem Mosaik menschlicher Erfahrungen, das die wahre Schönheit und Komplexität dieser außergewöhnlichen Metropole widerspiegelt.

Indem er sich frei zwischen seinen bevorzugten fotografischen Genres bewegt, gelingt es Kordas, die Vielseitigkeit und lebendige Dynamik New Yorks einzufangen. Seine Arbeiten zeichnen sich durch ein tiefes Einfühlungsvermögen und einen scharfen Blick für die Nuancen des urbanen Lebens aus. Ob es sich um ein intimes Porträt oder eine belebte Straßenszene handelt, Kordas' Fotografien sind stets von einer tiefen menschlichen Verbundenheit geprägt.

Fazit

"Unseen New York"* zeugt von Luc Kordas' Fähigkeit, das Wesen einer Stadt einzufangen, die sich ständig verändert und doch in ihren alltäglichen Momenten zeitlos bleibt. Dieser Bildband ist eine Hommage an das wahre New York jenseits der glitzernden Fassaden und touristischen Hotspots - ein Muss für jeden, der die Stadt in ihrer authentischsten Form erleben möchte.

In der Reihe von fotografischen Stadtporträts ist auch “Berlin Unseen”* von Martin U Waltz erschienen.

© Luc Kordas

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