Die Angst vor negativen Reaktionen oder Konfrontationen hält viele davon ab, Menschen im urbanen Raum zu fotografieren. Diese Hürde in der Straßenfotografie zu überwinden und selbstbewusster auf Fremde zuzugehen, kann man aber trainieren. Ein eigenes Projekt kann dabei helfen.

Wie überwinde ich Hürden und Hemmungen im Umgang mit fremden Menschen in der Street Photography?

Starte ein Projekt, bei dem du gezielt Menschen ansprichst und die Kommunikation mit Fremden übst.

Ich (Kai) arbeite zum Beispiel an einem Projekt über Menschen mit Tattoos. Dabei spreche ich Menschen mit auffälligen Tätowierungen an, bitte sie um ein Foto ihres Tattoos & ein Portrait. Dann frage ich sie nach der Geschichte hinter ihrem Tattoo - Fotografie und Storytelling.

Ein Buch, eine Ausstellung..: Was aus der Serie wird, ist zu diesem Zeitpunkt noch nicht entscheidend. Vielmehr geht es darum, Hemmungen abzubauen, auf fremde Menschen zuzugehen.

Ehrliches Interesse und der Aufhänger "Tattoos" sind meine Türöffner.

Ein Beispiel: Wie die Tattoo-Serie begann

Ich habe meine Tattoo-Serie Ende 2021 in Santiago de Chile begonnen. Jeden Tag bin ich im Parque Forestal in der Nähe meiner Unterkunft spazieren gegangen. Dabei fiel mir auf, wie viele Menschen tätowiert waren - und zwar sehr kunstvoll.

Es hat ein bisschen gedauert, bis ich den ersten Schritt gewagt habe. Es war ein junges Paar, das auf einer Decke in einer Grünanlage die Sonntagssonne genoss.

Das sind die Gedanken, die ich später in mein Tagebuch schrieb:

"Ich gebe zu: Mit jedem Schritt, den ich mich dem Paar näherte, stieg mein Puls ein wenig. Würde ich ihre Zweisamkeit stören? Wie würden sie reagieren? Verärgert, abweisend, gelangweilt? Seltsamerweise malte ich mir nur negative Szenarien aus. Obwohl ich nicht erst seit gestern fotografiere, sind Selbstzweifel und eine gewisse Nervosität immer noch im Spiel, wenn ich fremde Menschen anspreche. Aber jetzt gab es kein Zurück mehr. Ich war so nah dran, dass sie mich bemerkt hatten und mich ansahen".

Und das sind die Ergebnisse:

Die Kunst, Fremde auf der Straße zu porträtieren: Tipps, Strategien und Inspiration

Street Photography ist eine faszinierende Form der Fotografie, die es dir ermöglicht, das Leben in urbanen Umgebungen in seiner ganzen Vielfalt einzufangen.

Neben ungestellten Momenten, in denen die Protagonisten nicht wissen, dass du sie fotografierst - die sogenannte "Candid Street Photography" - kann die Interaktion mit den Menschen auf der Straße eine spannende Ergänzung deiner Street Photography sein.

Beeindruckende Straßenportraits von Fremden zu machen ist eine Kunst für sich.

Warum Straßenportraits von Fremden machen?

  • Einblicke in das urbane Leben: Streetportraits bieten einzigartige Einblicke in das urbane Leben. Sie erzählen Geschichten über die Menschen, die in einer Stadt leben und zeigen die Vielfalt der Kulturen und Persönlichkeiten.

  • Kreativer Ausdruck: Das Fotografieren fremder Menschen auf der Straße fordert deine kreativen Fähigkeiten heraus. Du kannst deinen eigenen Stil entwickeln und deine Sicht auf die Welt ausdrücken. Außerdem kannst du spontan deine Fähigkeit trainieren, mit natürlichem Licht und wechselnden Umgebungen zu arbeiten und beides stimmungsvoll in deinen Kompositionen einzusetzen.

  • Menschlicher Kontakt: Das Ansprechen fremder Menschen für ein Straßenportrait kann zu interessanten Begegnungen und Gesprächen führen. Du kannst eine Verbindung zu Menschen herstellen, die du sonst vielleicht nie getroffen hättest.

Du musst nicht unbedingt Gesichter zeigen. Die Persönlichkeit und der Charakter eines Menschen können auch auf andere Weise zum Ausdruck gebracht werden.

Tipps und Strategien für beeindruckende Street-Portraits

  • Wähle deine Ausrüstung mit Bedacht: Es muss nicht immer eine teure Ausrüstung sein. Viele Straßenfotografen schwören auf Kompaktkameras oder sogar Smartphones. Die Wahl der Ausrüstung sollte deinem Stil und deinen Vorlieben entsprechen.

  • Wähle die Orte sorgfältig aus: Suche dir belebte Orte mit interessanten Hintergründen. Straßenmärkte, Parks, U-Bahn-Stationen und Plätze eignen sich hervorragend.

  • Nutze natürliches Licht: Tageslicht ist oft das beste Licht für Straßenporträts. Versuche harte Schatten zu vermeiden, indem du an bewölkten Tagen oder während der goldenen Stunden fotografierst.

  • Fange Emotionen ein: Straßenportraits zeichnen sich oft dadurch aus, dass sie Emotionen und Persönlichkeit einfangen. Achte auf den Ausdruck und den Moment, in dem die Person am authentischsten wirkt.

  • Erlaubnis einholen: Am wichtigsten ist es, die Erlaubnis der fotografierten Person einzuholen. Das geht am besten, indem du sie freundlich ansprichst und ihr deine Absicht erklärst.

  • Verhalte dich respektvoll: Kleide dich unauffällig und passe dich der Umgebung an. Sei auf Augenhöhe, respektvoll und höflich, wenn du Menschen ansprichst.

  • Sei schnell und diskret: Straßenfotografie erfordert oft schnelle Reaktionen. Halte deine Kamera bereit, aber versuche, unauffällig zu bleiben, um natürliche Momente einzufangen.

  • Bildkomposition: Obwohl starke Motive oft auch ohne perfekte Bildkomposition funktionieren, achte trotzdem auf die Komposition. Nutze Regeln wie die Drittel-Regel, um ausdrucksstarke Bilder zu machen.

Barrieren überwinden: Fremde Menschen ansprechen

Fremde Menschen anzusprechen kann am Anfang einschüchternd sein, aber mit der Zeit wird es einfacher:

  • Baue Selbstvertrauen auf: Beginne mit Freunden oder in weniger belebten Gegenden, um dein Selbstvertrauen zu stärken. Übe die Kommunikation und den Umgang mit deiner Umgebung. Mache dich mit deiner Kamera vertraut, damit du dich auf den Moment und die Person konzentrieren kannst.

  • Freundlichkeit und Respekt: Zeige Respekt und Freundlichkeit, wenn du mit Menschen sprichst. Erkläre ihnen, warum du sie fotografieren möchtest.

  • Smalltalk: Beginne mit einem freundlichen Gespräch, bevor du um ein Foto bittest. Das hilft, eine vertrauensvolle und entspannte Beziehung aufzubauen.

  • Akzeptiere Ablehnung: Nicht jeder lässt sich fotografieren. Nimm es gelassen und respektiere die Privatsphäre der Menschen. Ein "Nein" hat nichts mit dir als Person zu tun. Nimm es deshalb nicht persönlich.

  • Lerne aus deinen Erfahrungen: Jede Straßenfotografie-Session ist eine Chance zu lernen. Reflektiere deine Erfahrungen und verbessere kontinuierlich deine Herangehensweise.

Straßenfotografie bietet die Möglichkeit, die Welt auf eine neue Art und Weise zu sehen und mit Menschen in Kontakt zu treten.

Mit der richtigen Strategie und einer respektvollen Herangehensweise kannst du ausdrucksstarke Straßenportraits von Fremden machen und deine Fähigkeiten als Straßenfotograf erweitern.

Aufgabe

  • Hüte, Schmuck, Frisuren, Brillen, Tätowierungen? Suche dir ein Thema, das du als Aufhänger für Streetportraits nutzen kannst.

  • Gehe offen und selbstbewusst auf Menschen zu und bitte sie um ein Porträt.

  • Auf dem Weg dahin kannst du deine Smalltalk-Fähigkeiten und deine allgemeinen sozialen Kompetenzen in anderen Situationen üben, ohne dass eine Kamera im Spiel ist - an der Supermarktkasse, in öffentlichen Verkehrsmitteln, im Restaurant ... Nutze jede Gelegenheit zur Interaktion mit fremden Menschen.

  • Beschäftige dich mit Psychologie: Soziale Kompetenz ist beim Fotografieren genauso wichtig wie das Beherrschen der Kamera. Das Buch "Wie man Freunde gewinnt"* von Dale Carnegie ist ein guter Anfang.

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Du möchtest Feedback zu deinen Street-Bildern?

Mit den Teilnehmer:innen der Visual Storytelling Akademie von “Abenteuer Reportagefotografie” veranstalten wir regelmäßige Bildbesprechungen bei Zoom.

Dabei bekommst du konstruktives Feedback zu deinen eingereichten Street-Bildern und lernst aus den Diskussionen mit den anderen.